THEMA: Neu-Ulmer Zeitung — „Freude am Handwerk“ [Juni 2010]
 

  • Handwerk sucht händeringend nach Nachwuchs

Viele Jugendliche sind einfach fehlgeleitet. Vor allem auch durch ihre Eltern, die immer glauben, dass körperliche Arbeit schlecht ist für ihre Kinder. Der junge Mensch soll möglichst keine schmutzigen Hände bekommen. Dabei lässt sich der Schmutz von der handwerklichen Arbeit am Abend abwaschen, der Schmutz in anderen Berufen lässt sich am Abend nicht mehr beseitigen. Ganz zu schweigen davon, dass man bei uns täglich und meist noch nach Jahren sehen kann, was man wieder geschaffen hat. Das gibt einem ein sehr gutes Gefühl.
 

  • Das Image vieler Handwerksberufe ein Problem

Das Image vieler Handwerksberufe ist ein Problem, aber auch die zunehmende Akademisierung. Alle wollen nur noch mit dem Kopf, aber nicht mehr mit ihren Händen arbeiten. Aber auch die Betriebe machen Fehler. Sie zahlen oft nicht angemessen. Dabei ist es einfach so, dass über den Verdienst die Wertschätzung kommt.
 

  • Mangelnde schulische Kompetenzen für die Ausbildung?

Grundsätzlich kann ich sagen, dass die Jugendlichen heute nicht schlechter sind als die jungen Leute früher. Sie sind eben, wie ich schon gesagt habe, oft fehlgeleitet. Mitbringen muss der Bewerber bei uns eine gewisse Grundintelligenz. Das heißt, er muss bereit sein, Fragen zu stellen und zu lernen. Beibringen können wir ihm alles. Aber er muss etwas Neues aufnehmen wollen und da hapert es oft.
 

  • Seit vielen Jahren bilden Sie Zimmerer, Dachdecker, Spengler und Bürokaufleute aus. Wie sieht nun die Auswahl bei den handwerklichen Berufen aus?

Wir lassen alle, die sich bei uns mit ernsthaften Absichten bewerben zweimal die Woche in den Ferien arbeiten. Nur so erkennt der Jugendliche, ob der Beruf zu ihm passt und wir spüren auch, ob er gute Chancen in der Branche hat. Damit das Mädchen oder der Junge als Zimmerer, Dachdecker oder Spengler erfolgreich durch die Prüfung kommt, müssen auch die Noten in Mathematik stimmen. Beim Hauptschüler, der Zimmerer werden will, muss eine Drei stehen. Das gilt auch für den Dachdecker und den Spengler. Das hat seine Gründe: In unserer Branche müssen bestimmte Rechenarten beherrscht werden, auch muss der Bewerber eine gute räumliche Vorstellungskraft mitbringen. Nicht zu unterschätzen sind heute gute Deutschkenntnisse. Denn die Kunden stellen hohe Anforderungen, außerdem gehören geschriebene Arbeitsberichte zum Berufsalltag.


Artikel der Neu-Ulmer Zeitung vom 18. Juni 2010 im Original – Interview Daniela Hungbaur: